Friedensförderung braucht eine Verjüngungskur 04. April 2018 · Elsa Benhöfer Friedliche und inklusive Gesellschaften entstehen, wenn auch junge Menschen in gesellschaftliche und politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Die neue Bundesregierung sollte daher einen Nationalen Aktionsplan für die Umsetzung der VN-Resolution 2250 entwickeln und deutlich mehr in die Beteiligung von jungen Menschen in der Friedensförderung investieren. Debatten Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern Prioritäten bis 2021 Die Bundesregierung hält in den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ fest: Inklusive Gesellschaften sind eine Voraussetzung für nachhaltigen Frieden. Die 2015 verabschiedete VN-Resolution 2250 zu Jugend, Frieden, Sicherheit dient ihr als Referenzrahmen neben der Agenda 2030, dem New Deal und der VN-Resolution 1325. Ein zentraler Bestandteil der Resolution 2250 ist die Partizipation von jungen Menschen in Entscheidungsprozessen und Mechanismen „zur Verhütung und Beilegung von Konflikten.“ Auf diese normative Anerkennung der Resolution 2250 sollte die neue Bundesregierung nun Taten folgen lassen. In das Potential junger Menschen investieren Im Jahr 2016 lebten etwa 408 Millionen Jugendliche (15-29 Jahre) in gewaltvollen Konfliktkontexten. Junge Männer und Frauen sind auf sehr unterschiedliche Weise damit konfrontiert, wie ihre Altersphase ihren Status in der Gesellschaft beeinflusst. In vielen Gesellschaften werden junge Menschen aufgrund gesellschaftlicher Normen und Traditionen marginalisiert. Eine gesellschaftliche und politische Partizipation ist ihnen selten möglich. Gerade junge Männer werden stereotypisiert und gelten als gewaltbereit oder als Unruhestifter und demographisch als bedrohlich stark anwachsende Gruppe. Diese Wahrnehmung verstellt den Blick auf den qualitativen Beitrag, den junge Menschen überall auf der Welt zur Friedensförderung leisten. Wie die jüngst veröffentlichte Progess Study verdeutlicht, ist es dringend notwendig, in das positive Potential junger Menschen in allen Bereichen von Frieden und Sicherheit zu investieren – „investing in the upside“, so nennen das die Autoren der Studie. Mit Jugendlichen vor Ort friedensfördernde Initiativen umsetzen Die Bundesregierung sollte daher stärker mit friedensfördernden Initiativen von jungen Menschen zusammenarbeiten und sie dazu befähigen, sich auf allen Ebenen der Konfliktbewältigung zu beteiligen. Hierfür muss sie ganzheitliche, ressortübergreifende Ansätze entwickeln, für die sich auch die Leitlinien aussprechen. Eine inklusive Teilnahme junger Menschen an Friedens- und Dialogprozessen zu ermöglichen gehört hier genauso dazu wie den Alltag und die Kapazitäten junger Menschen generell zu verbessern. Aufgrund der schlechten Datenlage mangelt es jedoch bisher an Evidenz, was friedens- und sicherheitsfördernde Projekte für und mit jungen Menschen ausmachen. Nicht zuletzt deshalb sollten künftige Projekte gemeinsam mit jungen Menschen entwickelt werden, um ihren Bedürfnissen entsprechend zu handeln. Die Progress Study, in deren Entwicklung insgesamt 4320 junge Menschen aus über 44 Ländern einbezogen wurden, ist hierfür ein hervorragendes Beispiel. Ein Nationaler Aktionsplan 2250 muss her Deutschland sollte bei der Umsetzung der Resolution 2250 eine Vorreiterrolle übernehmen. Dazu braucht es im nächsten Haushalt konkrete, ressortübergreifende Finanzierungsinstrumente für junge Menschen in ziviler Konfliktbearbeitung sowie einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Resolution 2250. Dieser muss garantieren, dass Jugendliche in Bereichen von Frieden und Sicherheit als ein Querschnittsthema immer mitgedacht werden. Bei jeder Maßnahme muss sich die Bundesregierung fragen, wie diese sich auf junge Menschen auswirken und wie sie miteinbezogen werden können. "Die Bundesregierung sollte mit einem Nationalen Aktionsplan die VN-Resolution 2250 zu Jugend, Frieden, Sicherheit systematisch umsetzen." Die Bundesregierung sollte die inhaltliche Ausgestaltung und den Prozess der Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans 2250 gemeinsam mit jungen Expert/innen sowohl in Deutschland als auch im globalen Süden entwickeln. Sie sollte ein „Forum 2250“ als inklusive, vorbereitende Arbeitsgruppe einrichten. Wichtig ist auch, dass die Bundesregierung Partnerschaften und Synergien zwischen den Aktionsplänen zu 2250 und 1325 und der Agenda 2030 fördert. Insbesondere aus den Erfahrungen bei der Umsetzung der Resolution 1325 sollten wir lernen und umgehender sowie umfassender handeln. Die Bundesregierung sollte hierfür zwei Instrumente anwenden. Erstens, eine konkrete und messbare Umsetzungsstrategie. Zweitens, eine starke Wissensbasis über die Mechanismen der Einbeziehung von Jugendlichen sowie deren Beitrag zu nachhaltigem Frieden. Denn nur so kann die Zivilgesellschaft eine Umsetzung durch Rechenschaftspflicht einfordern und normative Begründungen mit Effektivitätsargumenten ergänzen. Ein festes Budget zur Umsetzung des Aktionsplans Die Bundesregierung sollte durch ein jährlich festgelegtes Budget für die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans 2250 sicherstellen, dass ihre Maßnahmen sowohl in Deutschland als auch auf internationaler Ebene implementiert werden. Bei diesem Aktionsplan sollte sie die Empfehlungen der Progress Study 2250 berücksichtigen, wie zum Beispiel Mikro-Finanzierungsmodelle für friedensfördernde Projekte von und für junge Menschen oder die Schaffung inklusiver Friedensprozesse, die die Heterogenität der Jugend wiederspiegeln. Die Bundesregierung muss gemeinsam mit der Zivilgesellschaft systematisch überprüfen, ob und inwieweit sie die geplanten Maßnahmen umgesetzt hat. Anhand festgelegter Indikatoren sollte sie jährliche Fortschrittsberichte veröffentlichen. Gleichzeitig sollte sie dafür sorgen, dass alle Ressorts auf dem gleichen Wissensstand über die Rolle von Jugendlichen in Konflikten sind. Focal Points als Schnittstellen zwischen den Ministerien Um die Umsetzung der Resolution 2250 ressortübergreifend, aber besonders im Auswärtigen Amt und im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu optimieren, sollte die Bundesregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe im Austausch mit Wissenschaft und Praxis einrichten. Anlaufstellen bzw. „Focal Points“ innerhalb der relevanten Ministerien sollten als Schnittstelle zu anderen Ressorts fungieren. Konsequenterweise müsste die Bundesregierung zusätzlich einen Sitz im Beirat Zivile Krisenprävention schaffen für junge Expert/innen im Bereich „Jugend, Frieden, Sicherheit“. Zudem sollte die Bundesregierung Projektanträge in diesem Bereich fördern, zum Beispiel indem sie einen entsprechenden Absatz in friedens- und sicherheitsbezogene Förderantragsformulare einfügt und durch gezielte Forschung in diesem Themenbereich die Wissensbasis stärkt. Auch auf europäischer und internationaler Ebene sollte die Bundesregierung die Umsetzung der Resolution unterstützen und die Empfehlungen der Progress Study zu einem Schwerpunktthema für den angestrebten UN-Sicherheitsratssitz in 2019/2020 machen. Debatten Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern Prioritäten bis 2021 Friedensförderung Frieden & Sicherheit Jugend in Konflikten Elsa Benhöfer Elsa Benhöfer ist Referentin für Internationale Prozesse und Kommunikation bei FriEnt - Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung.
Artikel Eine verlorene Generation? Warum sich Investitionen in die Jugend lohnen Jungen Menschen kommt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines nachhaltigen Friedens zu. Die Leitlinien sollten daher konkrete Maßnahmen aufzeigen, wie Jugendlichen eine Zukunft und Stimme gegeben werden kann sowohl hier als auch in Krisengebieten. Nicht zuletzt weil Jugendliche, die ihre Lebensperspektiven verloren haben, anfälliger für Extremismus sind. Christoph Abels • 05. Oktober 2016
Veranstaltungsbericht Youth in Conflict On 6 October 2016, Polis180 organized a workshop bringing together 35 students and young professionals from different countries to discuss the role of youth in conflict and to develop recommendations for the German governments new guidelines on crisis prevention, stabilization and peacebuilding. Polis180 • 26 October 2016
Artikel No Peace without Peace Education and Education Reform Too often, education marginalizes students rather than empowering them. Peace agreements should provide for educational reforms that channel local knowledge into sustainable education systems. Utilising its comparative advantages, Germany can play a stronger role in both emergency peace education and in long-term education reforms for peace. Katja Anger • 23 January 2017