Frieden und Sicherheit weiterdenken: Der PeaceLab-Blog

07. März 2018   ·   Sarah Brockmeier

Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern. Selten waren diese Themen so entscheidend für Sicherheit, Wohlstand und die Glaubwürdigkeit unserer Werte. Und selten gab es so viel Diskussionsbedarf, wie die wachsende Verantwortung Deutschlands ausgestaltet werden soll. Der PeaceLab-Blog ist der Ort für diese Debatte: detailreich und konkret, realistisch und ambitioniert, kontrovers und konstruktiv, offen für alle. Und das in klarer Sprache.

Wer sich dieser Tage in der Welt umschaut, sieht Kriege im Nahen Osten und in Afrika, Terrorismusgefahren in Europa, eine Flucht- und Migrationskrise vor unseren Haustüren, die Überforderung der multilateralen Friedens- und Sicherheitssysteme. Langsam, aber sicher dämmert uns Europäern, dass sich niemand anders um die europäische Sicherheit und um Frieden in der europäischen Nachbarschaft kümmern wird, als Europa selbst. 

Auch in Deutschland finden immer mehr Menschen, dass wir mehr dafür tun sollten, Krisen zu verhindern und Frieden zu fördern. Inzwischen herrscht parteiübergreifend Einigkeit über die Notwendigkeit von Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedensförderung. Gelder für diesen Politikbereich sind in den letzten Jahren rasant angestiegen. Entscheidend wird es in den nächsten Jahren sein, Prinzipien und Konzepte aus der Welt der Ideen und Papiere in Realität umzusetzen. In die Wirklichkeit in Afghanistan, im Irak oder in Mali. In den nächsten Haushalt. In die alltägliche bürokratische Steuerung. Niemand hat alle Antworten parat, wie genau das gehen soll. 

Um genau das zu debattieren, betreiben wir diesen Blog. 

Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern – Aber wie? 

„Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ - das hat sich die letzte Bundesregierung im Juni 2017 in neuen Leitlinien auf die Fahnen geschrieben. Leitbild, Ziele und Prioritäten, die die Leitlinien vorgeben, sowie die darin enthaltenden Arbeitsaufträge zur Weiterentwicklung des Instrumentariums gehen auch aus einem Debattenprozess im „PeaceLab2016“ hervor. Die Bundesregierung hatte darin 2016 und 2017 zum „Weiterdenken“ eingeladen. Und eine Menge Experten nahmen die Einladung an. Aus 6-8 geplanten Veranstaltungen wurden 28, aus 40 geplanten Blogbeiträgen wurden über 130, und mit mehr als 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hätte am Anfang auch niemand gerechnet. 

In den nächsten Jahren wird es darum gehen mit mindestens der gleichen Energie darüber zu diskutieren, wie das Leitbild und Konzepte aus den Leitlinien in die Praxis umgesetzt werden. Wo gibt es tatsächlich so wirksame und skalierbare Ansätze, dass ihr Ausbau sinnvoll ist? Wo gilt es vor allem in bessere Methoden und Instrumente zu investieren? Welche komparativen Vorteile Deutschlands sollten Strategien zu Sicherheitssektorreform oder Vergangenheitsbewältigung ausnutzen? 

Welche konkreten Ziele sollte sich die Bundesregierung dort setzen, wo in den Leitlinien nur vage von „Stärkung“ die Rede ist, z.B. bei Mediationsinitiativen? Wie viele Polizistinnen, Soldaten und zivile Fachkräfte sollte die Bundesregierung in Friedenseinsätzen entsenden? Wie soll die Bundesregierung mit Zielkonflikten konkret umgehen? Wie sollte der Austausch zwischen Politik, Forschung und Zivilgesellschaft in diesem Bereich weiterentwickelt werden? 

Der PeaceLab-Blog wird genau diesen Diskussionen eine Plattform bieten. Hier haben ehrgeizige Ziele und Visionen genauso ihren Platz wie die Anerkennung von Zielkonflikten und Dilemmata, der Realitäten der Bürokratie sowie der Begrenztheit externer Einflüsse auf komplizierte Konfliktdynamiken. Gemeinsam mit Praktikern, Expertinnen, Wissenschaftlern, Bundestagsabgeordneten und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft möchten wir diese Fragen weiterbearbeiten. Es soll eine echte Debatte entstehen, die über den Austausch von Appellen und Forderungen hinausgeht. 

Drei Ansprüche werden dabei unsere redaktionelle Arbeit leiten: 

1. Konkreter Bezug zu politischen Prozessen 

Wir werden das erhalten, was den PeaceLab-Blog seit 2016 ausgezeichnet hat: Den direkten Bezug zu konkreten politischen Prozessen und Entscheidungen. So wie der Blog 2016/17 Beiträge zu den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ leistete, sind unsere thematischen Debatten künftig auf andere Strategiepapiere und Arbeitsprozesse zugeschnitten. So wird die Bundesregierung zum Beispiel bei der Entwicklung einer neuen Strategie zum Thema Sicherheitssektorreform ganz explizit nach Anregungen und Vorschlägen fragen, und will das auch in Zukunft zu weiteren Themen tun. 

Darüber hinaus werden wir gemeinsam mit dem Beirat Zivile Krisenprävention und Friedensförderung weitere Themen setzen, die keinem unmittelbaren Beratungswunsch der Bundesregierung folgen. Auch dabei ist unser gemeinsamer Anspruch, anstehende politische Weichenstellungen rechtzeitig zum Gegenstand einer praxisrelevanten Debatte zu machen. In der Findungsphase der neuen Bundesregierung und während der Arbeit an den Haushalten 2018 und 2019 starten wir mit der Frage nach den konkreten Schwerpunkten: Was können und was müssen wir von der Großen Koalition in der Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung erwarten? 

2. Nicht nur fordern, sondern auch Vorschläge zur Umsetzung liefern 

Wir werden im Redaktionsteam des Blogs darauf achten, dass die Autoren nicht nur umfassende Forderungen vorbringen, sondern auch konkrete Vorschläge für deren Umsetzung liefern. Im PeaceLab2016 riefen Zivilgesellschaft und Wissenschaft zum Beispiel immer wieder nach einer besseren Koordinierung zwischen den Ressorts. Doch wie die Bundesregierung die Ressortabstimmung ausgestalten soll – einer der Kernkonfliktpunkte in den Verhandlungen des neuen Dokuments – das schrieb fast niemand. Was zum Beispiel wären Alternativen zum wohl eher unrealistischen Nationalen Sicherheitsberater? Im Nachhinein kritisierten außerdem viele, die Bundesregierung habe sich keine konkreten Ziele gesetzt. Doch im Debattenprozess hatte niemand eine konkrete Zahl auf den Tisch gelegt – weder in Euro noch in der Anzahl von Expertinnen, die etwa für Mediationsinitiativen oder Friedensmissionen entsandt werden sollten. 

Sich mit den Detailfragen der Bürokratie auseinanderzusetzen, ist nicht immer die Aufgabe von zivilgesellschaftlicher Lobby. Es ist legitim, auch mal einfach weitreichende Forderungen zu stellen wie die eines Nationalen Friedensrats oder eines generellen „Konflikt-TÜVs.“ Doch wo konkrete und realistische Umsetzungsvorschläge im Raum stehen, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass Praktiker und Behörden diesen Rückenwind nutzen können, um Reformen anzustoßen. 

Gleichzeitig macht es das ihnen schwerer, sich einfach auf ein pauschales „geht nicht“ zurückziehen. Umgekehrt gilt für unsere Leser in den Parteien, im Parlament, in den Ministerien und Behörden: Wer die Dilemmata und Sachzwänge der eigenen Bürokratie öfter erklärt, wird auch einen besseren Rat erhalten. Sie sind also gewarnt: Wir werden im Redaktionsprozess immer wieder fragen „Wie denn? Wer denn? Und: Zum Beispiel?“ 

3. Hinterfragen, streiten, Ideen schmieden: Und das in klarer Sprache 

Eine inklusive Debatte erfordert eine Sprache, die jeder versteht. Der PeaceLab-Blog wird in erster Linie eine Fachcommunity ansprechen – gerade wenn es eben um die politisch-bürokratischen Detailfragen geht. Gleichzeitig möchten wir auch den Kreis derjenigen, die diese Themen auf hohem Niveau diskutieren, stetig erweitern. Nicht zuletzt deshalb wird uns beim Redigieren das Ziel leiten, nicht nur politisch relevante, sondern auch klar verständliche Argumente zu bringen. Das bedeutet, dass wir – im Rahmen unserer Kapazitäten – die eine oder andere Wissenschaftlerin und den ein oder anderen Praktiker dazu motivieren werden, die komplexeren Sprachgebilde stärker herunterzubrechen und sich in kurzen und klaren Sätzen zu fassen. 

„Wir wollen keine einfachen Antworten. Aber wir wollen Ihre komplexen Antworten bitte kurz“, so formulierte es ein Vertreter der Bundesregierung im PeaceLab2016. Kurz, knackig, klar, konkret. Von diesen Vorgaben werden wir uns leiten lassen und freuen uns jetzt auf die Beiträge und Debatten auf diesem Blog.