Rechtsstaatlichkeit fördern: Eine neue Strategie für die Bundesregierung

17. Januar 2019   ·   Auswärtiges Amt, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, in den nächsten Monaten eine ressortübergreifende Strategie zur Rechtsstaatsförderung zu entwickeln. Welche Ziele sollte die Bundesregierung konkret verfolgen? Wie kann sie diese besser erreichen? Wie gehen unsere internationalen Partner damit um? Wir hoffen auf zahlreiche Beiträge auf dem PeaceLab-Blog zu diesen und anderen Fragen.

Debatten

in Zusammenarbeit mit dem RSF-Hub der Freien Universität Berlin

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, in den nächsten Monaten eine ressortübergreifende Strategie zur Rechtsstaatsförderung zu entwickeln. Die beteiligten Ressorts laden Zivilgesellschaft und andere Experteninnen und Experten aus Theorie und Praxis ein, sie dabei mit Beiträgen auf dem PeaceLab-Blog zu unterstützen und kritisch zu begleiten.

Die Bundesregierung zielt mit dem Instrument der Rechtsstaatsförderung darauf ab, die Rolle des Rechts, insbesondere die Unabhängigkeit und Integrität der Justiz, zu stärken, um gesellschaftliches Zusammenleben friedlich und regelbasiert zu gestalten und den Einzelnen in seiner Menschenwürde und vor staatlicher Willkür zu schützen. Diesem Ziel dient ein breites Feld von Maßnahmen, die mithilfe einer gemeinsamen Strategie systematisiert und besser koordiniert werden sollen.

Grundlage und Bedarf für eine deutsche Strategie

Mit den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ (2017) hat sich die Bundesregierung verpflichtet, ressortgemeinsame Strategien zu zentralen Instrumenten ihres internationalen Krisenengagements zu entwickeln. Dazu gehört neben der Vergangenheitsarbeit und der Sicherheitssektorreform auch die Rechtstaatsförderung.

Über eine ressortgemeinsame Zusammenarbeit hinaus wird die Strategie auch die Anknüpfung an internationale Ziele und Instrumente in den Blick nehmen. So will die Bundesregierung im Sinne des Sustainable Development Goal 16 der Agenda 2030 („Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“) gemeinsam mit ihren internationalen und lokalen Partnern weltweit friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern. Dies erfordert einen abgestimmten Einsatz von multilateralen und bilateralen Unterstützungsleistungen und Rechtsstaatskomponenten in EU- und VN-Missionen. Zudem liegt die Stärkung justizieller Institutionen auf regionaler oder internationaler Ebene, wie dem Internationalen Strafgerichtshof, im ausdrücklichen Interesse der Bundesregierung.

Herausforderungen

Wirksame Maßnahmen der Rechtsstaatsförderung müssen in besonderer Weise das Umfeld berücksichtigen, in dem sie umgesetzt werden sollen. So unterscheiden sich rechtliche bzw. normative Vorstellungen und Strukturen von Ort zu Ort. Viele Kontexte sind zudem durch eine besondere Fragilität staatlicher Institutionen geprägt. Um darin rechtsstaatliche Strukturen aufzubauen, bedarf es einer eingehenden Analyse verbunden mit einer engen Koordinierung zwischen kurzfristigem, oft auch krisenbezogenem Engagement und der mittel- und langfristigen Zusammenarbeit mit den Partnerländern. In diesen muss ein politischer Wille zur Reform bestehen, den wir auch stärker gezielt einfordern sollten. Auch die praktizierte Zusammenarbeit bietet Raum für Verbesserungen und Innovationen, die die Bundesregierung in ihrem Engagement berücksichtigen möchte.

Deutsche Ansätze und Angebote

In vielen Ländern besteht Interesse an der deutschen Konzeption von Rechtsstaatlichkeit, die von der Bindung aller staatlichen Gewalt an Verfassung und Gesetz und der gerichtlichen Überprüfbarkeit staatlichen Handelns ausgeht, die Würde und Freiheit jedes Einzelnen ins Zentrum stellt und damit weit über die Idee von „law and order“ hinausreicht. 

Verschiedene Ressorts der Bundesregierung setzen sich für Rechtsstaatsförderung ein und arbeiten dabei mit einem breiten Spektrum an Partnern zusammen. Diese reichen von eng mit einzelnen Ressorts verbundenen Akteuren („Durchführungsorganisationen“) über z.B. die privaten und politischen Stiftungen, kirchlichen Trägern bis hin zu zahlreichen deutschen sowie ausländischen Nichtregierungsorganisationen. So kann Rechtsstaatsförderung der Friedenssicherung dienen, in Form von Rechtsstaatsdialogen gegenseitiges Verständnis und Vertrauen fördern oder generell die Durchsetzung der Rechte der Bevölkerung eines Partnerlandes stärken. 

Beispiele sind die Unterstützung von Verfassungsprozessen, die Hilfe beim Aufbau zentraler und lokaler Regierungs- und Verwaltungsstrukturen und die Reform der Gerichtsbarkeit, die Förderung der rechtsstaatlich-demokratischen Kontrolle von Streitkräften, Korruptionsbekämpfung, Integrität der Justiz, die Verbesserung des Zugangs zu Behörden und Gerichten, die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Juristinnen und Juristen, einschl. internationaler Austauschprogramme und Maßnahmen zur Bekanntmachung des Rechts in der Zivilbevölkerung. 

Auf diesen Wegen soll in den Partnerstaaten auch das Vertrauen der Bevölkerung in das eigene Rechtssystem gefördert werden. Wichtig ist stets die enge und vertrauensvolle Abstimmung mit den jeweiligen lokalen Regierungen und weiteren maßgeblichen Akteuren. 

Debattieren Sie mit!

Welche Kontexte muss die Bundesregierung bei ihrem Engagement im Bereich der Rechtsstaatsförderung im Blick haben? In welchen Kontexten sollte von einem solchen Engagement abgesehen werden? Welche Ziele sollte die Bundesregierung konkret verfolgen? Wie kann sie diese besser erreichen? Bestehen Zielkonflikte? Wie gehen unsere internationalen Partner damit um? Welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen bei der Umsetzung? In welchen Bereichen und auf welche Weise sollten Maßnahmen der Rechtsstaatsförderung mit solchen der Vergangenheitsarbeit und der Sicherheitssektorreform abgestimmt werden? 

Wir hoffen auf zahlreiche Beiträge auf dem PeaceLab-Blog zu diesen und anderen Fragen, die Ihnen relevant erscheinen, und laden Sie herzlich ein, sich auf diese Weise in den Prozess der Entwicklung der ressortübergreifenden Strategie zur Rechtsstaatsförderung einzubringen.

Debatten

in Zusammenarbeit mit dem RSF-Hub der Freien Universität Berlin

Entwicklungszusammenarbeit Friedensförderung Menschenrechte Rechtsstaatsförderung

Auswärtiges Amt

Herr Rüdiger König, Abteilungsleiter für Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und Humanitäre Hilfe

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Frau Ingrid-Gabriela Hoven, Abteilungsleiterin Globale Zukunftsaufgaben

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Herr Thomas Binder, Leiter der Abteilung G, Grundsatz und Planung

Bundesministerium der Verteidigung

Herr Dr. Géza Andreas von Geyr, Abteilungsleiter Politik

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Frau Eva-Lotta Gutjahr, Leiterin Leitungseinheit Planung